"Fernreisen basieren auf einer historisch kurzen Phase des extremen
Preisverfalls im Verkehr, beginnend mit dem Auto und endend mit den
Low-Cost-Carriern. Sie können sich aufgrund der begrenzten Ölressourcen
im gegenwärtigen Ausmaß nicht ohne weiteres fortsetzen ... Die Renaissance der Städte trägt zur Abnahme der Pkw-Verkehrsnachfrage bei.
Allerdings sind Städte auch ein idealer Nährboden für Fernreisen ... Das Autokino, der Autobriefkasten, der McDrive sollten also
unter Denkmalschutz gestellt werden!
Dabei materialisiert sich gerade im Autobriefkasten
die postmoderne Verbindung von individueller Automobilität, virtueller
Mobilität und Gütertransport, aber eben auf einer schwerfälligen,
erlahmten Ebene ... Ein näherer Blick in den ländlichen Raum zeigt aber auch die Rückseite
der Stadtgesellschaft: Neben landschaftlich reizvollen, touristisch und
als Zweitwohnsitz begehrten Gegenden gibt es ganze Regionen mit
Leerstand in den Dörfern, einstmals liebevoll gepflegten und dennoch
wertlosen Immobilien, Menschen ohne Auto, dazu wirklich Arme mitten in
der Dorfgemeinschaft. Der nächste Laden ist zu weit, die Zahnärztin
kommt einmal in der Woche ins Dorf, die Dorfschänke hat vor zwei Jahren
geschlossen, und die Grundschule ist weg ... Wir sind zu achtzig Prozent eine durch und durch mobile Gesellschaft,
und diese achtzig Prozent bewegen sich im Licht der Mobilitätsforschung.
Die anderen zwanzig Prozent stehen im Dunkeln."
Zum Artikel von Joachim Scheiner, erschienen in der Frankfurter Allgemeine Zeitung (29. Mai 2013) »
Zum Artikel von Joachim Scheiner, erschienen in der Frankfurter Allgemeine Zeitung (29. Mai 2013) »