PEAK OIL IST LAUT DEM QUAI D'ORSAI "UNWISSENSCHAFTLICH"

"Zumindest dachte ich mir, die Diagnose sei eindeutig ... Aber offenbar doch nicht. Ein vertrauliches Schreiben, erstellt am 16. April [2013] durch das [französische] Außenministerium, bezweifelt selbst die Grundidee eines Ölfördermaximums. Die 'Prophezeiung des Ölfördermaximums', dieser 'Glaube an den energetischen Weltuntergang' ist eine 'unwissenschaftliche These', urteilen die Autoren, der Ökonom Patrick Allard und der Historiker Justin Vaïsse, Leiter des brandneuen Centre d'Analyse, de Prospective et de Stratégie (CAPS) des Quai d'Orsai [Sitz des französischen Außenministeriums]. Die 'internationale Seilschaft' der 'Anhänger des Ölfördermaximums' hätten sich ein 'scharfes Dementi' durch den Boom des Gases aus dichtem Tongestein und des Light Tight Oils in den Vereinigten Staaten eingehandelt. Das Schreiben des Quai d'Orsai beschreibt, warum jene, welche vor dem unmittelbaren Abfall der globalen Rohölproduktion warnen, sich [angeblich] irren: 'der Ökonomie und Geologie substituieren die Verfechter der Theorie des Ölfördermaximums die Mathematik'. Sic [sic erat scriptum; so steht es geschrieben] ... Die Energiewende geht entweder über die Verringerung der gesellschaftlichen Komplexität ('De-growth', was aktuell politisch nicht salonfähig ist), oder ganz im Gegenteil über mehr Komplexität ('nachhaltiges Wachstum'), was unter Umständen zu einer Steigerung, und keiner Reduktion des Energiebedarfs führen könnte ... Als ob es bei dieser Debatte einen toten Winkel gäbe."

Zum französischen Artikel von Matthieu Auzanneau, erschienen auf Oil Man (30. April 2013) »

Anmerkung: Jene unverblümten Aussagen aus dem "vertraulichen" Schreiben des französischen Außenministeriums sind ein guter Anzeiger dafür, in welchem Stadium gesellschaftlicher bzw. politischer Akzeptanz der Peak Oil sich aktuell befindet. Arthur Schopenhauer wird das folgende Zitat zugeschrieben: 

"Alle Wahrheit durchläuft drei Stufen. Zuerst wird sie lächerlich gemacht oder verzerrt. Dann wird sie bekämpft. Und schließlich wird sie als selbstverständlich angenommen."

Nach einer initialen Phase des Lächerlichmachens befinden wir uns nun also - ganz unabhängig davon, dass seit 2005 die globale Rohölproduktion trotz allergrößter Anstrengungen gerade einmal stagniert - in Phase II der öffentlichen Bekämpfung und forcierter, kognitiver Dissonanz gegenüber der Realität des Peaks von Öl und Gas. So wundert es auch nicht, dass der Ton rauer und der Versuch unternommen wird, die ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema als subversive Glaubensrichtung abzufertigen. Es ist jedoch ebenfalls zu erwarten, dass in den kommenden Jahren aus genau jenen Ecken, woher der Wind zur Zeit am rauesten weht, in Phase III wie selbstverständlich so getan werden wird, als habe niemand, jemals, auch nur im Geringsten am Peak von Öl und Gas gezweifelt.